Positionspapier zur Werbung bei Kindern schlägt hohe Wellen

Die DDG fordert seit Jahren, Werbung für ungesunde Produkte, die sich an Kinder richtet, zu verbieten. Das aktuelle Positionspapier, das die DDG zusammen mit Kinderärzt*innen und weiteren Fachgesellschaften vorgelegt hat, hat dennoch zu deutlichen Stellungnahmen der Industrie und der Werbewirtschaft geführt.
Wir haben die DDG-Geschäftsführerin Barbara Bitzer gefragt, wie sie diese Reaktionen beurteilt und wie die weiteren Forderungen der Deutschen Allianz Nichtübertragbarer Krankheiten (DANK) für die Zukunft aussehen.
Das Positionspapier hat hohe Wellen geschlagen. Hat Sie das überrascht?
Nein – obwohl unsere Forderungen nicht neu sind. Seit Jahren fordern die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), Kinder- und Jugendmediziner*innen und weitere medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaften, auch im Rahmen des Wissenschaftsbündnisses DANK Deutsche Allianz Nichtübertragbarer Krankheiten, dass Werbung für süße Snacks und fettiges Fastfood in Kinderzimmern nichts zu suchen hat. In Werbepausen bei Kindersendungen sind rund 89 Prozent der Spots für ungesunde Lebensmittel. Dabei sieht jedes mediennutzende Kind zwischen 3 und 13 Jahren pro Tag 15 Werbesport für Ungesundes – mit verheerenden Folgen. Jedes siebte Kind gilt als zu dick. Die Coronapandemie hat diese Entwicklung noch verschärft: Schul- und Vereinssport fiel aus, das tägliche Essen in der Schule wurde durch Snacks ersetzt und viele Kinder verbrachten zu viel Zeit vor dem Fernseher oder im Internet. Diese Entwicklung ist besorgniserregend und darf nicht im Interesse der Politik sein. Wir begrüßen es daher sehr, dass die Ampelkoalition sich einem Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel annehmen will. Wie so oft kommt es aber auf die Details an.
Industrie und Werbeverbände weisen auf freiwillige Vereinbarungen und bereits Erreichtes hin? Bleiben Sie dennoch bei den bisherigen Forderungen?
Unbedingt, denn die bisherige Strategie der freiwilligen Selbstverpflichtungen, beispielsweise bei Werbebeschränkungen oder der Reduktion von Zucker, Fett und Salz in Fertiglebensmitteln, ist eindeutig gescheitert. Appelle an die Eigenverantwortung „Ernähr Dich gesünder und beweg Dich mehr“ oder die zahlreichen Einzelprojekte zur Bewegungsförderung reichen schlicht nicht aus, um Übergewicht und Folgeerkrankungen wie Typ-2-Diabetes wirksam einzudämmen. Jetzt ist die Politik gefordert. Sie muss ein Umfeld schaffen, dass es allen Menschen in unserem Land ermöglicht, sich gesund zu ernähren und mehr zu bewegen. Ein Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel, die sich an Kinder richten, ist dafür ein erster wichtiger Schritt. Natürlich wird ein solches Verbot allein das Problem nicht lösen können. Dazu braucht es Maßnahmenbündel. Für uns zählen dazu: eine sogenannte „gesunde Mehrwertsteuer“, bei der gesunde Lebensmittel, zum Beispiel Obst und Gemüse, steuerlich entlastet und Produkte mit viel Zucker, Fett und Salz höher besteuert werden sowie täglich mindestens eine Stunde Sport in Schule und KiTa sowie verbindliche Qualitätsstandards für die Schulspeisung.
Wie sehen die nächsten Schritte aus, um eine verbindliche gesetzliche Regelung zu erzielen?
Mit dem Positionspapier haben wir einen konkreten Vorschlag in die Debatte eingebracht. Dieser liegt nun auf dem Tisch von Bundesernährungsminister Cem Özdemir. Ich freue mich sehr, dass wir mit dem Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sehr anerkannte Partner an unserer Seite haben, die sich bereits seit vielen Jahren für Werberegulierungen engagieren und eine große Kompetenz mitbringen. Gemeinsam werden wir uns für eine umfassende Regelung aussprechen, die keine „Hintertüren“ für ungesunde Snacks in Werbespots offenlässt – egal, ob im Fernsehen oder im Internet. Wir werden diesen Prozess in den kommenden Monaten intensiv begleiten.
Das Portraitfoto von Barbara Bitzer wurde uns dankenswerterweise von der DDG zur Verfügung gestellt. (Bildquelle: DDG/Dirk Deckbar)
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